Der durchdringende Klang der Trompete erscholl über der Festung und setzte sich in kurzem Zeitabschnitt von einem Horn zum anderen fort, wie ein langgezogenes Echo, ähnlich der Abfolge des Hahnengeschreis im Dorf, wenn der Hühnergeier kommt. Die Hahnenbrust schwillt an und der Schrei wird heiser im Crescendo der Gefahrenwarnung, die über der gefiederten Gemeinschaft irrlichtert, so das kein einziges Huhn mehr weiß, von wo sie ausgegangen war, alle stracks erstarren und kaum mehr wagen zu blinzeln in Erwartung des Todesstoßes. Der nicht kommen will und meistens auch gänzlich ausbleibt, Zeichen dass die Krallenträger sich wieder mal von einem vergänglichen Schatten am Himmel haben täuschen lassen. Möglich auch, dass der Hühnergeier anderswo beschäftigt gewesen war, aber sein kürzester Weg dorthin über den Köpfen der Gefiederten hinweg führte, die gewohnheitsmäßig unten, auf der Erde, nach Körner scharren und von oben den Todesboten erwarten.
Gleich den Hühnern erstarrten die Leute beim Erschallen der Trompeten, warfen fragende Blicke nach allen Himmelsrichtungen, ihre Zweifel wandelten sich zu Schrecken, bis schließlich Panik ausbrach. Auf einen Schlag verwandelte sich die Festung in einen einzigen Ameisenhaufen, dessen Gewusel die Mauern zu sprengen drohte. Hier schritt die Stadtpolizei ein und leitete den Tross von Fuhrwerken in Richtung der Stadttore. Es waren nur zwei geöffnet, das Peterwardeiner- und das Siebenbürgener-Tor, denn das dritte, das Wiener-Tor war schon verriegelt worden und seine Verteidiger waren emsig bemüht, die dicken Kanonen samt Schießpulver und Vierpfünder in Schuss zu bringen und die langen Zündschnüre einzupassen. Vor ihnen, in der Ferne, wuchs die Staubwolke, die ein ganzer Kawallerie Korps aufwirbelte, der sich aus Richtung Arad näherte. Deshalb der erste Trompetenstoß, dem die anderen Trompeten geantwortet hatten, denn jetzt mussten alle Leute, die nicht ihren festen Wohnsitz innerhalb der Temeswarer Stadtmauern hatten, die Festung schleunigst verlassen, um Platz zu machen für die Manöver des Militärs. Diese verließen kurz darauf ihre Kasernen und stürzten zu den Erdwällen der Bastionen und zu den Ravelins. Oben angelangt, gingen sie eilig in Schussposition, luden die Gewehre und warteten schweigend auf die Befehle, Finger am Hahn und die Schweißperlen im Angesicht, die wuchsen und in Rinnsalen zum Kinnladen abflossen, im Bett der Gesichtsfurchen, um schließlich abzutropfen, auf den gestampften Boden der Bollwerke, der sie aufsog wie ein trockener Schwamm in der Mai Sonne. Von ihrer Anhöhe aus beobachteten sie die Kuh- und Schafherden, die von ihrer Weide, dem freien Feld der Glacis, eingetrieben wurden in die weiträumigen Ställe innerhalb der Festungsmauer. Es folgten die Schweineherden, die in die Stadt einfielen durch dieselben Festungstore und dann erst wurden diese geräuschvoll geschlossen, waren die Belagerungsvorarbeiten abgeschlossen und die Stadt endgültig abgeschnitten vom Rest der Welt. Die sternförmige Festungsanlage von Temeswar war ab diesem Augenblick ein autarker Bereich und sie war bereit, dem Angriff eines auch noch so starken Feindes zu trotzen. Das war nötiger denn je, denn seine Herrlichkeit Franz der Erste, Kaiser von Österreich hatte keinem geringeren als dem damaligen Herrscher von Europa, Napoleon, der die Welt in Angst und Schrecken versetzte, den Krieg erklärt. Der hatte dem Habsburger erst kürzlich, anlässlich seiner Wiederkehr, in der Schlacht von Austerlitz im Jahre 1805, heftig die Leviten gelesen, so dass derselbe Mann, der ja vor der Schlacht als Franz der Zweite Kaiser des Römischen Reiches Deutscher Nation gewesen war, seinen Kaiserstuhl verlor angesichts der Sachlage, dass das Kaiserreich vom Winde verweht war. Schwer getroffen, zog er sich zurück, um seine Wunden heilen zu lassen, bat um Frieden und ließ sich auf einer etwas kleineren Stufenordnung zum Kaiser von Österreich ausrufen - eben zum Franz dem Ersten herabgestuft. Und alles wäre schön und gut gewesen, hätte ihn Napoleon nicht großkotzig wissen lassen, dass er es nur seiner Gnade verdanken würde, dass er auf einem Kaiserstuhl und nicht auf einem Fußschemel säße. Dass muss den Kaiser sehr gegrämt haben, denn er wiederkaute jahrelang die Worte, die er ihm als Antwort entgegen zu schleudern gedachte. Erst 1809 sah er den Augenblick gekommen, die Abgründe seiner Seele offen zu legen und sich in einem flammenden Aufruf an seine Untertanen zu wenden, um sie dazu aufzurufen, Leib und Leben zu opfern im Endkampf, der folgen sollte. Als das Napoleon zu Ohren kam, ließ er das Tagesgeschäft in Spanien ruhen - was allerdings Goya an der Fortsetzung seiner trefflichen Genrebilderserie aus der unmittelbaren Aktualität hinderte - brach nach Paris Hals über Kopf auf, reihte die Scharen um sich und zog gegen Wien. Er hatte schon einmal, 1805, Wien erobert und kannte den Weg gut. Die gesamte Angelegenheit schien ihm jetzt nur mehr eine Pflichtkür zu sein, da ja der gesamte deutschen Staatenbund hinter ihm stand, Österreich nur mehr ein Schatten seiner selbst war, aus dem er, Napoleon, das Stückchen Tirol ausgeschnitten hatte!
Die forsche Reaktion des Franzmannes heizte allerseits die Fantasien an. Kaum war Bonaparte durch Bayern gezogen und schon glaubte man, seine Husaren allerorts gesehen zu haben. Die Gerüchteküche brodelte und nährte sich von jedem Hufgetrappel in der Abenddämmerung und jedem unbekannten Staubwölkchen, das sich am Horizont abzeichnete, so dass jedes noch so banales Vorkommnis zur wunderlichen Dimension anwuchs. Und so weckte ein Glockenklang im Nachbardorf das Sturmgeläut im eigenen, setzte eine Rauchsäule hier das Ährenfeld dort in Brand und wurde ein Ereignis wie der zufällige Griff eines Betrunkenen, der nachts die Wasserflasche mit der Flasche mit Rattengift verwechselt hatten und mit Schaum vor dem Mund starb, als untrüglicher Beweis dafür gewertet, dass die Franzmänner alle Brunnen im Umkreis von Dutzenden Kilometern vergiftet hätten. So kam eins zum anderen und die gesamte Temesch-Torontaler Gegend gelang in Angst und Schrecken als sich eine gesamte Familie im Stall erhängte, da der Familienvater mit eigenen Augen gesehen hatte, wie die Husaren mitten in der Nacht im Walde ein Kind bei lebendigem Leibe ins Feuer geworfen hatten um es danach aufzubrechen und zu verspeisen. Es wäre dem einfältigen Mann nie eingefallen, besser hin zu gucken, um wahr zu nehmen, dass es sich um Hirten handelte, die sich am Feuer wärmten und ein Schaf geschlachtet hatten, um sich daran gütlich zu tun. Nein, was das Familienhaupt einmal beschlossen hatte, mit eigenen Augen gesehen zu haben, das blieb es auch. Nachdem sie Tags darauf seinen Abschiedsbrief gelesen hatten, machten sich die Dorfgenossen Mut, umzingelten die Hirten und spießten sie auf. Sie versahen sie mit der Aufschrift Mordbuben von Franzmänner und ließen sie aufgepfählt am Wegrand stehen, so dass jeder, der des Weges kam, sehen konnte, dass Napoleons Soldaten jede Gegend unsicher machen konnte aber auch, dass sie nicht unsterblich waren. Dass ließ die Männerbrust der Dorfbewohner mächtig anschwellen und sie rollten stracks ein paar Weinfässer herbei, die sogleich angezapft wurden. Flugs fanden sich die Spielleute ein und eine befreiende Freudewelle schwappte über Groß und Klein, im Reigen vereint unter den aufgepfählten Mordbuben von Franzmänner. Das Gelage weitete sich aus, da immer neue Leute, die des Weges kamen, eingeladen wurden, daran teil zu nehmen, nicht bevor sie sich die Erklärung zu dem, was sie mit eigenen Augen sehen konnten, angehört hatten, und es hätte bis spät in der Nacht angehalten, wären nicht die Reiter aufgetaucht. Zuerst zeichneten sie sich daumengroß am Horizont ab, gleich später wuchsen sie zu einem Span an, dann zu einer Elle, denn die Kavallerie galoppierte im Abendrot. Deshalb konnten die Zecher nicht ihre Wappen erkennen, denn als sie der Lanzenreiter ansichtig wurden, wussten sie allzu wohl, wer da heranstürmte. In Windeseile wechselten die Löwen-beziehungsweise von Fall zu Fall Bärenkräfte, die nur der Wein verleiht, den anatomischen Platz vom Herzen zu den Füßen und sie ergriffen das Hasenpanier so hurtig wie es wiederum nur der Wein ermöglicht. Die gesamte Zecherbande, Dorfbewohner wie Wandersleute, Groß wie Klein nahmen Reißaus, dem Walde zu. Einige hielten kurz inne, rissen die Pfahle aus der Erde und schulterten sie samt Last je zwei oder drei und verschwanden im Gebüsch. Von dort aus äugten sie rüber zu den Soldaten, die ihren Galopp einstellten und neben den Weinfässern aus den Satteln sprangen, froh der unverhofften Kriegsbeute. Oder war es nur ein Geschenk? Die Kürassiere scherte das wenig, sie füllten die Becher und schlugen schließlich ihr Lager auf. Ein Feuer nach dem anderen wurde angefacht und erhellte die Nacht, so dass sich deutlich die schweren Fuhrwerke abzeichneten, die von dicken Planen bedeckt waren, die ihren Inhalt keinem noch so forschenden Blick frei gaben. Jene, die sich in den Wald geflüchtet hatten, trauten sich nicht, ein Feuer anzuzünden und rückten eng zusammen, um sich schlafen zu legen, die Äxte in Reichweite. Nicht bevor sie einige Äste mit viel Laub abgeschlagen hatten, um die Pfähle zu überdecken, mit den aufgespießten Mordbuben von Franzmännern. Sie wussten, dass das ganze Dorf gebrandschatzt werden würde, falls die Husaren sie entdeckten. Das erwarteten sie sowieso und staunten morgens nicht schlecht, als sie nur rauchende Asche auf den Feuerstellen fanden. Die Reiter waren längst verschwunden und die Hufspuren, übersät von Rossäpfeln, zeigten den Weg zur Festung Temeswar. Immer noch auf der Hut kehrten die Leute in den Wald zurück und verwischten jede Spur der Lynchjustiz, die sie geübt hatten. In dieser Zeit nahm das Kavallerie Korps seine Stellung ein vor den Anlagen der Festung, was einen Schwall von Trompetenstößen auslöste, genau wie Annäherung eines Geiers oder auch nur einer ähnlichen Wolkenschar die Hahne im Dorf zum Krähen bringt. Die hastige Unruhe der Verteidiger der Festung ging auf die Lanzenreiter über. Sie hielten an bevor sie noch ins Schussfeld der Kanonen der Festung kamen und warteten auf neue Befehle. Die Mienen der Kommandanten verfinsterten sich. Sie hatten doch einen Kurier losgeschickt, der von ihrer Ankunft melden hätte sollen, und zwar schon, als sie noch in Arad gewesen waren. Sollte er sich etwa verirrt haben oder in die Hände von Wegelagerern gefallen sein? Die Offiziere waren ratlos. Woher konnten sie denn wissen, dass ihr Emissär in Ketten lag in einem dunklen Kellerlverließ der Festung, da niemand die Nachricht glauben konnte, die er gebracht hatte, ja alle, mit dem Festungskommandanten an der Spitze, überzeugt waren, dass es sich um ein Scheinmanöver des Feindes handelte. Nach kurzem Ratschlag beschlossen die Kavallerieoffiziere, einen Boten zu schicken mit einer Flagge in der Hand und einem Brief mit Petschaft unter dem Waffenrock. Er umklammerte fest den Fahnenstiel, denn der Wind blies heftig und drohte ihn ihm zu entreißen. Jetzt erst konnte man das Wappen auf der Flagge gut erkennen und ein Geraune ging durch die Reihen der Verteidiger. Der Lanzenreiter hielt ein als er gewahr wurde, dass die Gewehrläufe, die auf ihn gerichtet waren, eines nach dem anderen von der Brustwehr verschwanden, die Verteidiger stramm standen und das große Wiener Tor sich weit öffnete. Verwundert verharrte er, weiterhin nicht wissend, was zu tun und hörte bis zum letzten Augenblick nicht den anderen Reiter, der an ihm vorbeistürmte. Der junge Soldat fand sofort seine Fassung zurück und salutierte pflichtmäßig dem vorbeibrausenden Kaiser Franz dem Ersten. Angesichts der Gefahr, dass ein Missverständnis ein Blutbad hätte auslösen können, seine eigenen Soldaten sich gegenseitig niederschießen hätten können, hatte der Kaiser beschlossen, die Situation auf eigene Faust zu lösen. Sein Erscheinen entspannte sofort die Lage, effektvoller als es jede andere Botschaft hätte bewirken können. Gefolgt vom Lanzenreiter mit der Flagge, zog der Kaiser durchs Stadttor ein unter den Hochrufen der Verteidiger. Das Kavallerie Korps folgte ihm schnell in Begleitung der schweren Fuhrwerke und so durchquerte der Zug die Wiener Straße, den Domplatz und gelangte zur Herberge „Der Trompeter”. Hier hatten sich schon die Stadtoberen versammelt zur offiziellen Empfangszeremonie. Der Stadtkommandant war in Galauniform erschienen und überbrachte den unglücklichen Boten, dem man hurtig die Ketten abgenommen und etwas raus geputzt hatte.
Das Gebäude der Herberge, die von einem ehemaligen Trompeter der kaiserlichen Armee errichtet worden war, der nach seiner Verabschiedung über beträchtliche finanzielle Mittel verfügt hatte, bot bald nicht mehr genügend Platz, um alle aufzunehmen, die gekommen waren ihre Reverenz zu erweisen, so dass die Wachen am Eingangstor einem richtigen Ansturm standhalten mussten. Das nutzten die Betreuer der schweren Fuhrwerke, um unbemerkt durch das Hintertor heranzufahren bis knapp vor die Kellertüren. Unter den Planen kamen dicke Fässer zum Vorschein, die auf Bohlen in den Keller hinab gerollt wurden. Als das letzte Fass in das Kellergewölbe verfrachtet worden waren, wurde der Eingang mit dicken Eichenstangen und faustgroßen Schlössern verrammelt. Zwei Soldaten der Stadtwache wurden vor dem Kellereingang postiert. Sie hatten keine Ahnung, was sich in den Fässern befand, die sie bewachten. Sie rätselten darüber und je mehr Wachen sich ablösten, umso mehr Vermutungen wurden angestellt. Und zu Recht: was konnte es sein, das da drin war? Wein von der nobelsten Sorte, Schießpulver, mittelalterliche Rüstungen im Sand konserviert, um nicht zu rosten, feinst gemahlenes Mehl - denn des Kaisers Brot war am weißesten -, Jonas Wal in der Salzlauge, geweihtes Öl aus Jerusalem, einbalsamierte französische Offiziere, ja, was wohl? Sicherlich nicht Napoleon Bonaparte, denn eins war klar: seiner wegen hatte Franz der Erste die Strapazen des langen Weges auf sich genommen. Die Neugierde wuchs von Tag zu Tag an, aber das Rätsel blieb. In das Kellergewölbe des „Trompeters” konnte man entweder von der Straßenseite aus gelangen und musste Schloss und Riegel öffnen oder man konnte sich auch von hinten an den kaiserlichen Wachen vorbei schleichen. Beides war unmöglich. Oder fast unmöglich im Falle Nandors, des Stallburschen. Der hatte drei Milchkühe zu betreuen, die neben den Postkutschenpferden gehalten wurden, so dass er öfter in den Keller gelangen musste zu den Fässern mit dem Salz, dass dem Futter zugemischt wurde. Er schleppte es eimerweise raus zu seinen Kühen, die zu kaiserlichen Milch-Butter- und Käselieferanten aufgestiegen waren. Ihre Wichtigkeit entging nicht den Wachen, die sich an Nandors Besuche gewöhnten. Bald lächelten sie sich zum Gruße zu, zumal Nandors Schnaps eine wohlige Wirkung hatte, vor allem in der Kälte des Morgengrauens. Der Zwetschgenschnaps löst die Zunge und den Geist bevor er die Augen umnebelt, die Gespräche wurden flüssiger und Die Wachestunden kürzer. Manchmal vergaß der Stallbursche glatt, weshalb er zum Keller gekommen war, andermal verwechselte er die Fässer und entnahm das Salz aus einem. das nicht vorgesehen war. Was auch sonst - Salz bleibt Salz. Sobald er den Keller verließ, durchsuchten ihn die Soldaten und er zog seines Weges. Um seinen Eimer kümmerte sich niemand, denn es war doch nur Salz drin und obendrein wussten die Soldaten gar nicht, wonach sie suchen sollten, denn der Inhalt ihrer Fässer aus Wien war ihnen unbekannt. Bald erfuhren sie aber, das Wien in Bonapartes Hände gefallen war, der mit seinen Truppen im Schloss Schönbrunn residierte und jeden Tag von den Treppen aus ihre Parade musterte. Und, als wäre die Schmach nicht schon groß genug gewesen, nein das Wiener Volk fand allzu schnell Gefallen an diesem allmorgendlichen Spektakel und fand sich zahlreich ein, verblendet von Napoleon oder auch nur den schmucken Uniformen. Franz dem Ersten bereitete auch nur der Gedanken daran Magenschmerzen, sein einziger Wunsch war, in die Hauptstadt seines Reiches zurückzukehren. In der Zwischenzeit hatte er viele Stunden lang Besprechungen mit den Stadtoberen, die ihm alle versprachen, Soldaten und Proviant zu sammeln, in fantastischen Größenordnungen. Der Kaiser bedankte sich höflich und versprach ihnen im Gegenzug, sie mit Domänen zu begütern, die, hätte er Wort gehalten, von Moskau bis Paris reichen hätten müssen. Am Ende jeder Besprechung zog er sich in seine Gemächer zurück, so hoffnungslos wie er gekommen war. Ein Hoffnungsschimmer kam auf, als die Österreicher in der Schlacht von Aspern siegten und er war knapp daran, die triumphale Rückkehr nach Wien an zu ordnen, aber dann kam die kalte Dusche nach der Schlacht von Wagram, die verloren ging. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als Napoleons Bedingungen anzunehmen, die ihm bald überbracht wurden. Der Korse erwartete ihn in Schönbrunn, aber nur in Begleitung seiner Tochter Marie Louise, die der Sieger zur Ehefrau verlangte. Nebst der Hälfte seines Reiches, weil das im Märchen so üblich ist. Franz der Erste beugte sich der Schmach und machte sich auf den Weg. Die dicken Fässer aus den Kellergewölben des „Trompeters” wurden auf die Fuhrwerke gehievt und der Konvoi der Lanzenreiter kehrte nach Wien zurück.
Aber nicht einmal der Teufel ist eine so düstere Gestalt, wie er den Anschein weckt - zumindest an manchen Plätzen. Wie sonst hätte sich Nandor das Wunder erklären sollen, das ihm geschah ein Tag nach der Abreise des Kaisers, als er den Stall ausmisten wollte und in der Krippe mit Salz einen prachtvollen Rubinring fand. Es konnte ein Geschenk Gottes sein oder des allmächtigen Kaisers oder eines von den freundlichen Soldaten oder aller zusammen, wen schert es! , sagte sich der Stallbursche während er das Schmuckstück in Augenschein nahm. Es war bestimmt ein Vermögen wert, sagte sich der Mann, der es nicht zu schätzen wußte. So dass er nicht lang zögerte und sich zu einem Schneider aufmachte, wo er sein ganzes mühselig angespartes Geld ließ für einen stattlichen Herrenrock. So bekleidet war er sich sicher, bei dem Verkauf des Schmuckstücks nicht betrogen zu werden. Tatsächlich erhielt er dafür in einem Schmuckladen von bester Adresse, wo er sich als Graf in Geldnöten präsentierte, ein kleines Vermögen. Seine Knie zitterten als er den Laden verließ und er ging geradewegs in die Herberge, wo er seine Stelle kündigte. Noch am selben Tag kaufte er von einem ruinierten Adligen eine ansehnliche Liegenschaft und beschäftigte sich weiterhin damit, wozu er ausgebildet war, nämlich der Kuhaufzucht. Es vergingen kaum ein paar Jahre und sein Vermögen wuchs an, wie er sich nicht hätte träumen lassen.
Er suchte den Schmuckhändler in Temeswar auf, dem er den Ring verkauft hatte, und erstand ihn, denn es war die Quelle seines Reichtums, von der er sich nie mehr trennen sollte. Er steckte sich ihn selbstbewusst an den Finger und kehrte auf sein Gut zurück. Er wurde zum königlichen und kaiserlichen Hoflieferanten ernannt und lieferte auch an die Armee des Kaisers Franz Milch, Fleisch und Lederwaren in der Zeit als ganz Europa aufatmete, denn Napoleon war in sein endgültiges Exil auf die Insel Sankt Helena verbannt worden. Und eines schönen Tages geschah es, das Nandor nach Wien, in Schloss Schönbrunn beordert wurde, um für seine Verdienste geadelt zu werden.
Zur gegebenen Stunde kniete er vor dem Kaiser nieder, mit geneigtem Haupt. Da erhob sich der Kaiser und fasste entgegen dem Protokoll nach seiner Hand und führte sie vor seine Augen um den Rubinring genauer zu betrachten. Angesichts der kaiserlichen Neugier sah sich der ehemalige Stallbursche gemüßigt, die ganze Geschichte mit dem Ring zu erzählen. Der Kaiser schmunzelte.
„In jenen Fässern, die wir nach Temeswar schafften, befand sich der gesamte Kronschatz des Reiches, in Salz versteckt. Er hat also einen winzigen Teil davon gefunden, ihn entäußert und ihn dann wieder eingelöst. Das gleiche haben auch wir mit unserem Reich gemacht. Und wir hatten Erfolg. Das, aus eigenem Verdienst. Er mag den Ring behalten um immer daran erinnert zu werden, wofür er steht, habe die Ehre, mein nobler Herr!"
Übersetzt aus Rumänisch von Helmut Britz
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